Mode im Nachhaltigkeits-Check: Darauf musst du bei nachhaltiger Mode achten
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Viele bekannte Textilmarken bewerben ihre vermeintliche nachhaltige Mode heute mit Slogans wie „sustainable“, „organic“ oder „clean dyeing“. Aber sind Fashion-Produkte aus Bio-Baumwolle, recyceltem Polyester oder Lyocell wirklich automatisch nachhaltiger? Oder handelt es sich dabei lediglich um einen neuen Greenwashing-Versuch oder um fragwürdige Werbeaussagen der Fashion-Industrie?
Mit dem Aufkommen der Fast Fashion-Mode ist der Verbrauch von Synthetikfasern geradezu explodiert: Der Polyester-Einsatz für Bekleidungszwecke stieg auf 21,3 Millionen Tonnen weltweit, denn der Bedarf ist enorm. Bis 2030 wird die Weltbevölkerung unvorstellbare 102 Millionen Tonnen Kleidungsstücke verbrauchen – eine Menge, die 500 Milliarden T-Shirts entspricht – welche zu fast 70 Prozent aus Kunstfasern bestehen.[1]
Nachhaltige Mode aus Baumwolle – hoher Wasserverbrauch und CO2-Ausstoß
Aber ist die beliebte Baumwolle wirklich besser? Nicht unbedingt, denn um möglichst hohe Ernten zu erzielen, werden etwa drei Viertel dieser weltweit angebauten Naturfaser – zum Teil – extrem stark bewässert. Durchschnittlich werden für die Produktion von nur 1 kg Baumwolle ca. 11.000 Liter Wasser benötigt, da Baumwolle vorwiegend in trockenen Gebieten angebaut wird, damit sie nicht durch zu viel Feuchtigkeit verschimmelt. Außerdem werden beim Anbau reichlich synthetische Düngemittel und Pestizide eingesetzt, die als giftige Rückstände nicht nur in der Umwelt, sondern auch in der Kleidung zurückbleiben und im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Und laut dem Öko-Institut liegt der CO2-Ausstoß bei der Produktion von konventioneller Baumwolle bei 26,25 kg[2] für 1kg Baumwolle[3]. Dadurch, dass vorwiegend in Asien, Süd- und Nordamerika, Indien und Pakistan angebaut wird, werden schon durch die langen Transportwege erhebliche Mengen an Kohlendioxid verursacht. Und 99,5% der weltweit angebauten Baumwolle ist nicht biologisch angebaut, sondern konventionell[4]. Zudem gilt ein Großteil der weltweit angebauten Baumwollsorten mittlerweile als genmanipuliert[5]. Dies ist ebenfalls als kritisch einzustufen, solange die Langzeitwirkungen für Mensch und Tier noch nicht ausreichend erforscht sind.
Bio-Baumwolle weist zwar im Vergleich zu herkömmlicher Baumwolle eine bessere Ökobilanz auf, doch ihr Marktanteil liegt nur bei 0,4 Prozent – Tendenz sinkend. Denn mit Bio-Baumwolle ist die weltweite Gier nach Kleidung kaum zu befriedigen[6]. Außerdem ist der Begriff „Bio-Baumwolle“ nicht genau definiert: Gängige Baumwoll-Siegel wie z.B. Cotton made in Africa, Fair Trade oder BCI definieren hier jeweils ihre eigenen, individuell verschiedenen Kriterien und Mindeststandards. Zudem wird auch Bio-Baumwolle bei der Weiterverarbeitung oft mit giftigen Bleich- oder Färbemitteln behandelt. Die Verwendung von Bio-Baumwolle sagt also nichts darüber aus, ob das Kleidungsstück an sich nachhaltig, fair und „bio“ produziert wurde[7]. Daher empfiehlt es sich hier beim Kauf besonders auf vertrauenswürdige Siegel, die sehr hohe ökologische und soziale Standards garantieren, zu achten. Hierzu zählen u.a. IVN Best Standard, Fair Wear Foundation, bluesign, OEKO-TEX oder auch Fairtrade.
Produkte aus zertifizierter Bio-Baumwolle findest Du u.a. bei unseren Kunden Bleed, Vaude, Element und Rotauf.
Auch Hanf feiert aktuell ein Revival in der Textilbranche. Die Vorteile der Hanfpflanze sind definitiv der einfache Anbau: es werden keine Pestizide eingesetzt und die Pflanze benötigt nur sehr wenig Wasser, sie ist robust und wächst schnell und die Erntemenge pro m² ist im Vergleich zu Baumwolle doppelt so hoch[8].
Produkte aus Hanf findest Du z.B. bei unserem Kunden Bleed.
Nachhaltige Mode aus Regeneratfasern – Herstellung ohne chemische Umwandlung aus Kohle
Neben den Naturfasern gibt es die sogenannten Regeneratfasern, welche aus natürlichen Rohstoffen über chemische Prozesse hergestellt werden. Zu diesen sogenannten zellulosischen Kunstfasern gehören Viskose, Lyocell und Tencel©. Der Grundstoff dieser Fasern ist pflanzlich, in diesem Fall das Biomolekül Zellulose, welches der Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände ist. Rein synthetische Kunstfasern wie Polyester, Polyamid, Elasthan oder Polyacryl hingegen werden aus den Rohstoffen Kohle, Erdöl und Erdgas hergestellt, die in chemischen Prozessen zu Fasern umgewandelt werden.
Viskose wird zwar aus dem natürlichen Rohstoff Holz hergestellt, die Herstellung dieser Faser erfordert aber einen massiven Energie- und Chemikalieneinsatz. Zudem ist Holz eine knappe Ressource und Holzplantagen sind kaum umweltverträglicher als Baumwollfelder.
Lyocell bzw. Tencel© wird aus Eukalyptus-Holz hergestellt und ist, da Eukalyptusbäume schnell wachsen und kaum Wasser und Pestizide für den Anbau benötigt werden, eine durchaus nachhaltige Faser die zudem biologisch abbaubar ist. Obwohl es sich um eine Kunstfaser handelt, konnte hier ein einigermaßen umweltfreundlicher Herstellungsprozess entwickelt werden. Dennoch benötigt auch der Anbau von Eukalyptusbäumen viel Energie.
Produkte aus Tencel© findest Du z.B. bei unserem Kunden Bleed.
Nachhaltige Mode durch Recycling – Mischgewebe erschwert die Wiederaufbereitung
Das in der Branche erfreulicherweise zunehmend forcierte Thema „Recycling von getragenen Textilien“ könnte dagegen ein Weg aus dem Rohstoff-Dilemma sein. Denn während die sogenannten neuen „virgin materials“ Ressourcen verschwenden, spart Recycling Ressourcen ein. Aber die Kreislaufwirtschaft – also die Idee, bestehende Materialien und Produkte so lange wie möglich zu nutzen, wiederzuverwenden, zu reparieren und zu recyceln – ist leider nicht immer so einfach umzusetzen.
Denn in der Praxis erschweren Farben, Applikationen, Reißverschlüsse und nicht zuletzt Mischgewebe die Wiederaufbereitung der Textilien. Daher ist der Anteil von Recyclingfasern an der gesamten Bekleidungsproduktion bis heute leider noch sehr gering. Um dieses Problem zu lösen, müssen Brands einen „Design2Recycle“-Anspruch entwickeln und möglichst sortenreine Endprodukte kreieren, damit das Recycling in Zukunft einfacher wird. Denn so könnte es gelingen, einen vollständig geschlossenen Textilkreislauf zu schaffen, der keine neuen Fasern mehr benötigt, da aus Alttextilien immer wieder neue Produkte reproduziert werden können. Einige visionäre Brands haben sich zu diesem Zweck bereits partnerschaftlich in einer sogenannten wear2wear™-Industriepartnerschaft organisiert, um gemeinsam an neuen Technologien und Entwicklungen zu arbeiten.
Denn mittels Recycling könnte der weltweite Bekleidungs-Müll effektiv reduziert und die Weltmeere von neuem Plastikabfall verschont werden – zur Freude von Umwelt und Tierwelt. Da das Herstellungsverfahren im Vergleich zu den anderen genannten Textilfasern auch relativ günstig ist, könnte nachhaltige Kleidung auch relativ preiswert produziert werden[9].
Nachhaltige Mode aus PET-Flaschen – 59% weniger Energie bei der Herstellung
Bewährt hat sich inzwischen schon das Recycling von benutzten PET-Flaschen zu Polyester-Fasern. Recyceltes Polyester, kurz rPET, wird durch Einschmelzen von vorhandenem Kunststoff und Verspinnen zu neuer Polyesterfaser gewonnen. Recyceltes Polyester benötigt dabei rund 59 Prozent weniger Energie bei der Herstellung, als neues Polyester. Und schon aus fünf PET-Flaschen kann Garn für ein großes XL-Shirt gewonnen werden[10]. Auch Sympatex arbeitet bereits seit vielen Jahren mit recycelten Garnen aus PET-Flaschen, seit Anfang 2017 forcieren wir das Thema verstärkt über unsere „Agenda 2020“. Für den Oberstoff einer gängigen Sympatex Herrenjacke werden beispielsweise 27 PET-Flaschen recycelt und somit wiederverwertet. Die aus den recycelten Garnen hergestellten Oberstoffe machen bis zu 90% des fertigen Sympatex-Laminates aus und ergeben mit der 100% recycelbaren PES-Membran ein 100% recyclingfähiges Produkt. Der dabei angewendete Recyclingprozess ist ein mechanischer Prozess ohne Zugabe von umweltbelastenden Chemikalien und die Performance von recycelten und nicht-recycelten PES-Materialien ist dabei auf hohem Niveau vergleichbar.
Produkte aus recyceltem Material findest Du z.B. bei Bleed, Vaude, fairechild, lagoped.
Wirklich nachhaltige Mode zu finden ist nicht immer einfach, daher lohnt sich ein genauer Blick auf Labels und Etiketten. Und im Zweifelsfall gilt: nachfragen! Schreibt eure Lieblingsmarken direkt an und fragt nach, wo und wie die Kleidung produziert wird. So vermeidet ihr unökologische Fehlkäufe und schafft gleichzeitig bei den Brands die Awareness für das Thema Nachhaltigkeit.
Quellennachweis:
[2] https://www.oeko.de/oekodoc/1029/2010-081-de.pdf
[3] https://www.oeko.de/oekodoc/1029/2010-081-de.pdf
[4] https://minimalwaste.de/blog/wie-nachhaltig-ist-bio-baumwolle/
[5] https://www.fairlis.de/post/nachhaltige-textilien-und-welche-es-nicht-sind/