Ein Gespräch mit Michael Spitzbarth, Gründer und Geschäftsführer von bleed clothing

Mit einem Brief wendet sich Gründer und CEO Michael Spitzbarth an die Öffentlichkeit. Er mahnt: "Die gesamte nachhaltige Branche ist gefährdet."

Bleed Clothing ist nicht nur langjähriger Partner von Sympatex. Das Unternehmen ist eines der Fair Fashion Label, die die Branche braucht und seit 15 Jahren eine echte Vorreiter Rolle einnimmt. Doch die wirtschaftliche Situation ist für bleed und viele weitere, sozial und ökologisch bewusst agierenden Unternehmen, keine leichte. Wir haben mit Michael ein Gespräch geführt, um seine Botschaft weiterzutragen und zu gemeinsamen Handeln aufzurufen.

1. Michael, stelle dich und dein Unternehmen bleed bitte kurz vor.

Mein Name ist Michael und ich bin der Gründer und Geschäftsführer von bleed. Bleed Clothing habe ich vor 15 Jahren gegründet. Gestartet hat alles auf der ISPO, als Brand New Award Gewinner. Die ISPO war also unser Startschuss in die Sportswear und Streetwear Szene. Seit 15 Jahren beschäftigen wir uns stark mit dem Thema Nachhaltigkeit. Die Kollektion ist von vorne bis hinten durchdacht und beinhaltet die Themen Kreislaufwirtschaft, CO2 Reduktion und Langlebigkeit. Wir beschäftigen uns auch kontinuierlich damit, wo noch weiterer Handlungsbedarf ist. Auch bei uns in der Kollektion! Das ist es, was uns bei Bleed antreibt.

2. Du hast vor wenigen Tagen einen Brief veröffentlicht, in dem du auf die aktuelle Lage von bleed eingehst. Auch stellst du in diesem die Frage, ob echte nachhaltige Mode in Deutschland vom Aussterben bedroht ist. Warum?

Für uns hat sich die wirtschaftliche Situation innerhalb kürzester Zeit verschlechtert und ich befürchte, dieses Jahr nicht mehr abschließen zu können. Nicht ohne einen Kapitalgeber. Doch das Problem betrifft nicht nur uns, die gesamte nachhaltige Branche ist gefährdet. Im letzten Jahr habe ich mit sehr vielen Mitstreiter:innen telefoniert. Diese kommen aus vielen unterschiedlichen Bereichen, wie beispielsweise Kosmetik, Schuhe und Sportbekleidung. In der Fashion Branche ist es wohl am schlimmsten. Hier sieht man große Einbrüche auf allen Verkaufskanälen. Gründe für die Entwicklungen sind Preissteigerungen, hohe Zinsen, Lagerbestände, aber auch ein sehr preisbewusstes Einkaufen der Konsument:innen. Natürlich muss man die Konsument:innen vestehen. Das hat aber desaströse Auswirkungen auf kleine, nachhaltige Brands. Wir haben nicht die Kapitaldecke, um diese Durststrecke finanziell auszuhalten. Und das ist fatal! Es gibt viele Marken, die gemeinsam mit uns Pionierarbeit im Bereich soziale und ökologische Nachhaltigkeit übernommen haben. Es wäre schade, wenn diese Vorreiter Marken verloren gehen.

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3. Was bedeutet für dich „echte Nachhaltigkeit“ und welche Probleme siehst du hierbei?

Wenn ich von echter Nachhaltigkeit spreche, muss man mittlerweile über das ganze Wort nachdenken. Denn Nachhaltigkeit is zu einem Buzzword geworden. Aufgrund des vielen Greenwashings der letzten Jahre setzen wir das Wort in unserer Sprache auch mit gemischten Gefühlen ein. Einerseits brauchen wir es aus SEO-Gründen etc. Doch für die Konsument:innen macht es das sehr schwer, zu entscheiden wo und bei wem gekauft werden sollte. Die gute Nachricht: Greenwashing wird schwerer werden und kommt auf den Prüfstand. Das ist für uns als ehrlich ökologisch und sozialverträglich wirtschaftende Marke irgendwann hoffentlich spürbar. Konsument:innen fragen mich immer wieder: Wie kann ich entscheiden ob es nachhaltig ist oder nicht? Ich antworte darauf hin, dass ins Care Label gesehen werden muss. Hier ist vermerkt, ob die Produkte beispielsweise sortenrein sind und auch PTFE und PFAS frei. Mein zweiter Tipp ist, bei den Marken direkt nachzufragen. Über Social Media kann man sehr leicht Direct Messages an die Unternehmen senden. Fragt über diese Kanäle nach, wie die Lieferkette transparent gemacht werden kann. Je fundierter die Antwort, umso leichter kann man die Kaufentscheidung treffen. Echte Nachhaltigkeit geht in alle Unternehmensbereiche hinein und beschränkt sich nicht nur auf das Produkt. Wir machen beispielsweise auch unsere Fotoshootings nachhaltig, ernähren uns vegan, achten auf kurze Wege und kompensieren jegliches CO2.

4. Wie können wir als Branche enger zusammenarbeiten und uns gegenseitig unterstützen?

Ich habe schon immer gesagt, die sehr ehrlich arbeitenden Marken, sind sehr kleine Unternehmen. Der Anreiz dieser Kooperationen ist logisch. Denn wenn sehr kleine Firmen zusammenarbeiten, werden sie gemeinsam größer. Das beginnt bei den Mindestabnahmemengen (MOQs), die für kleine Marken kaum realisierbar sind. Da hilft es, wenn sich verschiedene Marken mit demselben Mindset zusammenschließen. In der Lieferkette ist die Stückzahl Problematik das größte Problem. Je nachhaltiger man alles angeht, desto teurer wird es. Diesen Knackpunkt zu lösen ist äußerst schwierig. Ich kann mir vorstellen, dass staatliche Subventionen hilfreich sind, um diese Nachteile auszugleichen. Bei kleinen Unternehmen sind die Margen meist schwach, da fehlt das Geld für Investitionen. Ich sehe den Staat in der Verpflichtung. Steuerliche Entlastungen und Förderprogramme wären ein wichtiger Schritt.

5. Welche Rolle spielt der / die Konsument:in hierbei?

Konsument:innen spielen die größte Rolle! Doch wenn man den Kunden aufgrund aktueller Entwicklungen das Geld aus der Tasche zieht, fehlt es schlichtweg für nachhaltige Investitionen. Das merken wir aktuell sehr deutlich. Der Kunde hat mit dem Kassenzettel den Wahlschein für die Zukunft in der Hand.

6. Du sagst, es ist Zeit für Veränderungen. Was wünscht du dir für die Zukunft?

Die Zukunft, die ich mir wünsche, ist ein lebenswerter Planet für alle nachfolgenden Generationen. Nachhaltiges Wirtschaften muss zum Standard werden. Wir brauchen mehr Ehrlichkeit und weniger Greenwashing.

Einladung zur Panel Diskussion auf der Outdoor by ISPO am 5. Juni 2023, 14:40 Uhr

Kommt zum Speaker Corner der Outdoor by ISPO (MOC München, Atrium 3) und geht in die Diskussion mit Kim Scholze, CSMO Sympatex und Michael Spitzbarth, CEO bleed. Aufgezeichnet und für alle zugänglich gemacht, wird die Diskussion über das Sympathy-Lab.

Gäste Tickets für die Outdoor by ISPO 2023 erhalten alle Partner von Sympatex via marketing@sympatex.com .

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